Sonntag, 5. April 2020

Du fehlst

Gerade beim Bügeln habe ich Radio gehört - beides lange nicht mehr gemacht. Bügeln, dabei Musik hören und völlig hemmungslos mitsingen ist ungemein befriedigend, und das hatte ich ganz vergessen.

Dann spielte der Sender Herbert Grönemeyers "Mensch", einen Song, den ich sehr liebe und mit dem ich viele Erinnerungen verbinde.

Seit Corona uns ereilt hat, denke ich mehr als sonst an die Menschen, die mir am Herzen liegen und auch an jene, die nicht mehr da sind.

Immer noch habe ich manchmal den Impuls, meinen Vater anzurufen und zu fragen, ob es ihm gut geht und zu ermahnen, bloß gut auf sich aufzupassen. Mein Vater ist ja schon einige Jahre tot, aber die Erinnerungen sind noch sehr lebendig. Und meine Gedanken gemischt - in gewisser Weise bin ich froh, dass er dies nicht erleben muss. Womöglich in einem Pflegeheim, wo er niemanden sieht, der ihm vertraut ist. Und ich weiß noch gut, dass er zuletzt auch nicht mehr wusste, wie man ein Telefon bedient, also wäre selbst das nicht möglich gewesen. Was für ein Horror! Die Menschen, denen es jetzt so ergeht, tun mir entsetzlich leid. 

Aber bei der Stelle im Lied, wo es heißt "Du fehlst", dachte ich als Erstes an meinen an einem Glyoblastom verstorbenen Freund E., denn der fehlt mir. (Wobei - auch um ihn würde ich mich sorgen, denn er hatte eine sogenannte  Vorbelastung.) 

Seine Beerdigung war eine tieftraurige, freudige und lebensbejahende Feier seines Lebens. So furchtbar es ist, wenn jemand "vor der Zeit" stirbt, so stark war das Gefühl, dass E. so intensiv gelebt hatte, dass es für mehrere Menschenleben ausgereicht hätte.

Aber das ist es nicht, woran ich denke, sondern daran, dass er einer der  Menschen war, die sofort Ideen für Hilfsaktionen hätten und dafür, wie man  gerade jetzt Liebe, Freude und auch Schönheit verbreiten kann. Denn das war sein großes Talent. Er war kein Heiliger, sondern ein Mensch mit all seinen Stärken und Schwächen, wie Grönemeyer ihn besingt. 

Und weil wir oft zu diesem Lied getanzt und es aus vollem Herzen mitgesungen haben, musste ich vor allem an ihn denken.

Du fehlst, lieber Freund.




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