Montag, 11. Mai 2015

Ladendämmerung

Ich bin grundsätzlich dafür, lokale unabhängige Läden zu unterstützen und betrübt, wenn wieder einer von ihnen schließen muss, sei es wegen zu wenig Umsatz, oder weil ein kleines Familiengeschäft keine Nachfolger findet.

In meinem Viertel existieren noch paar wenige dieser Exemplare, und ich kaufe meist gern dort. Muss aber feststellen, dass es um manche vielleicht doch nicht so schade ist. 

Vor einiger Zeit hatte ich in  einem Lederwarengeschäft einen Rucksack gekauft, zugegeben: auch weil der Preis reduziert war. Nach einmaligem Einsatz im Supermarkt ging er sofort kaputt. Ich brachte ihn zurück und wurde erstmal missmutig angeschaut. Durfte dann aber ohne größere Umstände das Teil zurückgeben und bekam sogar mein Geld erstattet. Diese Transaktion ging sehr nüchtern und ohne  den Austausch von Nettigkeiten über die Bühne. Nun ja.

Weil ich das prinzipiell aber doch kundenfreundlich fand, hatte ich mir vorgenommen, die nächste Tasche in diesem Geschäft zu kaufen.  

Vorgestern spaziere ich also frohgemut (Shoppen macht mich immer froh) in den Laden und verkünde mein Begehr: eine Ledertasche, so um die hundert Euro, in einer hellen Farbe und ohne Gedöns. Im Schaufenster habe ich so eine gesehen, das erwähne ich gleich. Die ältere Dame, die mich schon mal bedient hat, zeigt mir stattdessen ein paar Exemplare, die erstens nicht aus Leder und zweitens eher dunkelbraun oder grau sind. 

Ich beschreibe ihr nochmal, was mir vorschwebt. Daraufhin stellt sie etwas unentschlossen ein paar Taschen von hier nach dort und wieder zurück, reden tut sie nicht mit mir. Ihr Sohn (nehme ich an) bleibt mit betrübter Miene im düsteren Hintergrund des Ladens stehen und beobachtet uns. Eine Idee oder Lust auf ein Kunden-Gespräch hat auch er nicht.

Nachdem die alte Dame unsicher lächelnd vage auf ein Regal deutet, krame ich kurzerhand selbst nach Taschen, die meiner Vorstellung nahe kommen. Ich finde tatsächlich eine ganz hübsche, die ich mir etwas näher anschauen möchte. Sofort kommt der Hinweis: "Die kostet aber mehr!" Ich schaue auf das Preisschild - es ist nur ein kleiner Unterschied. Leider entdecke ich ein paar kleine Flecken in dem hellen Leder. Als ich das erwähne, reißt mir die Dame die Tasche aus der Hand und sagt sofort: "Also ich seh' da nichts!" 


Inzwischen kommt energischen Schritts eine Frau herein - offenbar eine Stammkundin mit älteren Rechten. Ohne mich zu beachten ruft sie, sie brauche ein neues Portemonnaie, und sofort wendet die alte Dame sich ihr zu. Ich stehe etwas ratlos herum. Dann bewegt sich der Sohn in Richtung der neuen Kundin, und ich frage nochmals wegen der kleinen Fehler. Die zweite Kundin sagt laut und bestimmt: "Das ist bei hellem Leder immer so." Da ich nun schon etwas frustriert bin, rutscht mir ein "Wer hat Sie denn gefragt?" heraus.

Jetzt hab ich's endgültig vermasselt. Unter dreistimmigen Rufen "Sie sind aber unfreundlich!" verlasse ich das Geschäft.

Ich bin sicher, dass alle wieder ganz furchtbar traurig sind, wenn der Laden endlich pleite geht. Außer mir. 



Sonntag, 3. Mai 2015

Ich bin


Zu faul
Zu dick
Zu klug

Zu laut
Zu still
Zu ernst

Zu albern
Zu hässlich
Zu schön

Zu feige
Zu arglos
Zu traurig

Zu fordernd
Zu vorlaut
Zu nett

Zu weiblich
Zu verrückt
Zu stolz

Nie genug
Viel zu viel

A Lonely Life

...a diminishing circle of friends is the first terrible diagnostic of a life in deep trouble: of overwork, of too much emphasis on a professional identity, of forgetting who will be there when our armored personalities run into the inevitable natural disasters and vulnerabilities found in even the most average existence. (David Whyte)

I have not had a close, true friend for a long time. The words by David Whyte make me sad and mad at the same time. None of his reasons apply to me but nonetheless, my life feels deeply troubled. I wonder if you can die just from loneliness. If your heart that has been hurt time and time again finally gives out. Writing this, of course I blame myself for committing the pathetic crime of self-pity. 

Yet again I have been left high and dry by someone who I thought of as a friend, without any explanation or warning. It happens every time I let myself hope for a new bond. 

I am sitting here on yet another lonely Sunday crying and thinking the same old useless thoughts that have been tormenting me ever since I was a little girl.

There must be something basically wrong with me. I am not lovable and whatever I do to make myself so has no effect on the eternal lonesome wasteland that my life has become. 

Then again, sometimes the sadness turns into anger: what is so different about me that I don't deserve any human company? Or even kindness. I seem to emit some secret signal telling people that I deserve cruelty and hate. 

Yesterday I made myself go for a walk into town. I needed exercise and fresh air and was in a reasonably good mood. Until some young woman who was with her friends and didn't watch her step bumped into me. Immediately she was yelling: What the fuck, you fat cow!!!! I continued with tears streaming down my face. Gone was my anger and helplessness took over. 

I blame only myself. I deserve this. What did I think walking on my own on a weekend? This is not permitted. You make yourself visible for all the world to see that you have nobody wanting to walk with you. Nobody to spend time with. Nobody to protect you. Nobody to comfort you. So you deserve to be punished by all the normal people. You must not ever insult the normal people with your presence! 

Thou shalt remain invisible.