Sonntag, 7. August 2016

Buchtipp - Durchs Nadelöhr

Traumaheilung durch Radikale Erlaubnis - neues Buch von Mike Hellwig

In seinem neuen Buch erzählt uns der Therapeut und Autor nichts Neues - es zu lesen lohnt sich aber dennoch. 

"Nichts Neues" klingt zunächst nach Abwinken - wozu soll ich es dann lesen? Ich meine damit nur, dass dem Konzept der Radikalen Erlaubnis inhaltlich nichts hinzugefügt wird. Die Radikale Erlaubnis bedeutet, kurz gefasst, die unein-geschränkte Anerkennung aller Gefühle, auch der vermeintlich kindischen (in Wirklichkeit: kindlichen) und schmerzlichsten, und unser Körper zeigt uns den Weg dorthin und hindurch.

Die Begriffe Gastgeber (ich), Wächter (meine verschiedenen Verhaltensweisen, mit z.B. schmerzlichen Situationen umzugehen, eine Art Kontrollinstanz) und Gäste (die Flora und Fauna meines Neurosengartens) sind aus früheren Büchern vertraut, hinzugekommen ist das Nadelöhr, durch das ich hindurch muss, um "ganz" zu werden. Das Nadelöhr kennen wir aus der Bibel - Ihr wisst  schon, Kamel vs. reicher Mann etc. Es ist eng und klein, und hindurch kommt es sich nicht so leicht. Bei Hellwig erinnert es an einen Geburtskanal, und der Prozess an eine Wiedergeburt. Diesmal als heiler Mensch. 

Das Neue in "Traumaheilung" ist, dass Mike Hellwig uns an seinem eigenen Weg teilnehmen lässt. Wer seine Bücher * und Videos ** kennt,  weiß schon um seine Furchtlosigkeit, auch sich selbst in seiner Arbeit zu zeigen. Darin unterscheidet er sich deutlich vom klassischen Therapeuten, der in der Regel zwar empathisch, aber unpersönlich auftritt.

Hellwig erzählt aufrichtig und schonungslos von seiner eigenen Entwicklung inklusive Irrtümern, falscher Heldenverehrung, Tief- und Tiefstpunkten. Aber auch von seinen Entdeckungen und dem Erlebnis der inneren Freiheit und Freude, nachdem er selbst sich das erste Mal unter höllischen Schmerzen durch das Nadelöhr gezwängt hat.

Ein bisschen Eitelkeit mag dabei im Spiel sein, aber als Leser fühle ich mit, und der Weg der Erkenntnis wird nachvollziehbar und glaubwürdig.

Nach Hellwig gibt es keine andere Lösung als alles, was in uns rumort, auch die vermeintlich bösen Gefühle und Gelüste, anzunehmen, wirklich zu fühlen und dies immer wieder, bis sie ihre Macht verlieren. 

Es gilt, nicht etwa den gordischen Knoten mit einem Hieb zu zerschlagen, sondern ihn mutig aber behutsam zu entwirren, bis wir die einzelnen Fäden erkennen und daraus vielleicht etwas Neues knüpfen können.