„Du bist der letzte Dreck!“ hast Du oft zu mir gesagt. Ich
habe mich immer gewehrt, aber nur der Form halber. Es musste wahr sein, wenn meine
eigene Mutter es sagt.
Manchmal hieß der Satz auch: „Du wirst in Deinem eigenen
Dreck ersticken.“
Dreck. Dir war es immer wichtig, dass man bei uns vom
Fußboden essen konnte. Wer will das? Nicht von so einem Fußboden. Meine
kindliche Phantasie vom Picknick im Wohnzimmer war auch nur Dreck.
Jeder kann den Schmutz in mir sehen. Deshalb bin ich wohl allein
geblieben. Manchmal sehne ich mich nach einem Spielkameraden, der Lust hat, mit mir im
Matsch herumzupanschen.
In einem Roman habe ich mal ein gutes Bild für die Einsamkeit
gefunden: die Hauptperson führt sie als traurigen großen Hund unsichtbar an der
Leine mit sich. Am Ende der Story kann sie ihn freilassen. Was für eine nette
Geschichte.
Meine Einsamkeit ist wie eine Schlange, die mir fett und schwer
um den Hals hängt und mich ab und zu zärtlich würgt. Oder auch nicht so zärtlich. Manchmal
zischelt sie mir ins Ohr. Wenn sie mir gerade nicht so schwer erscheint und ich
sie fast vergessen habe. Sie ist dann gekränkt und will sofort meine
Aufmerksamkeit. Das macht sie gut. Ich höre sie dicht an meinem linken Ohr –
fast fühlt es sich an, als sei sie in meinem Kopf. „Ich bin immer bei Dir, auf
mich kannst Du Dich verlassen. Du brauchst doch außer mir niemanden.“
Letztens habe ich mal wieder so ein Tapferkeitsding durchgezogen
und war allein bei zwei Veranstaltungen. Erst klappt das ganz gut – es gibt genug zu
gucken, und Small Talk beherrsche ich. Ich habe aber nicht aufgepasst und den
Zeitpunkt zum Gehen verpasst. Gleich ging das Gewürge wieder los. Und das
Gewisper: „Guck mal, lauter Paare und fröhliche Gruppen...meinst Du, es fällt nicht
auf, dass Du hier ganz allein bist? Lächelt die da nicht schon mitleidig? Also
mir gefällt es hier überhaupt nicht.“ Bin ich halt nach Hause.
Und wohin jetzt?
Vielleicht hier: „Du musst noch verrückter werden.“ Pina
Bausch
Eine Ahnung von Hoffnung.
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